Australien: Wende weg von Rechts knapp verpasst

Die „Wende“ ist in Australien leider knapp gescheitert, doch es hat sich gezeigt, dass die konservative Regierung zunehmend an Unterstützung in der Bevölkerung verliert. Ob das zu einer Änderung ihrer Politik führen könnte, wird sich erst zeigen. Gleichzeitig sind die Australischen Grünen weltweit die viert-erfolgreichste Partei bei nationalen Wahlen. Aufgrund des Wahlsystems sind sie aber im Parlament unterrepräsentiert.

Kopf-an-Kopf-Rennen

2013 erhielten in Australien die (konservative) Liberal Party und ihre Verbündeten (LNP, National Party und Country Liberal Party) bei der Wahl zum House of Representatives zusammen 90 Mandate von 150. Die Folge war ein politischer Rechtsruck unter den Premierministern Tony Abbott sowie ab September 2015 Malcolm Turnbull, einem Ex-Investmentbanker.

In den letzten Jahren fiel die australische Regierung durch Sozialabbau, Steuer- und Finanzpolitik im Interesse der Reichen und Großunternehmen, Neoliberalismus, Zurückfahren öffentlicher Dienstleistungen, hohe Militärausgaben und Untätigkeit gegen den Klimawandel auf – aber besonders durch ihre restriktive Flüchtlingspolitik (Internierung von Bootsflüchtlingen in Lagern in Papua-Neuguinea und Nauru), die der österreichische Außenminister Kurz unsäglicherweise als Vorbild heranzog.

Doch weil der Senat einige Gesetzesvorhaben ablehnte, kam es nun zur Auflösung beider Kammern des Parlaments und zu vorzeitigen Wahlen am 2. Juli 2016.

Das Ergebnis

Ein Spezifikum der Wahlen in Australien ist, dass durch die Größe des Landes und die Millionen Briefwahlstimmen, deren Auszählung manchmal mehrere Wochen dauert, ein Endergebnis erst lange nach dem Wahltag vorliegt.

Bei der Wahl zum House of Representatives war das Rennen eine Woche lang unentschieden. Die sozialdemokratische Labor Party mit rund 35% der Stimmen und Gewinnen gegenüber 2013 stärkste Einzelpartei geworden. Unter ihren Abgeordneten befindet sich mit der ehemaligen Lehrerin Linda Burney auch die erste indigene Frau in dieser Kammer des Parlaments. Der Labor-Spitzenkandidat und ehemalige Gewerkschafter Bill Shorten hatte u.a. mehr Investitionen in Gesundheit und Bildung versprochen.

Die liberal-nationale Rechts-Koalition hat Stimmen und Mandate verloren (ihre stärkste Kraft, Turnbulls Liberal Party, verzeichnete ein Minus von rund 3,5 Prozentpunkten).

Wegen des Mehrheitswahlrechts in Einerwahlkreisen hat sie aber am Ende die knappest-mögliche absolute Mehrheit erreicht – 76 Mandate von 150.

Bis eine Woche nach der Wahl hatte es nach einem sogenannten „hung Parliament“ ausgesehen. Das „Zünglein an der Waage“ hätten dabei 5 Abgeordnete bilden können: zwei „lokalpatriotische“ MandatarInnen, die zwar wirtschafts-freundlich, aber nicht neoliberal eingestellt sind (der ehemalige Unabhängige Bob Katter in Queensland, der 2011 seine eigene Partei gegründet hatte, und Rebekha Sharkie, Abgeordnete des „Nick Xenophon Team“ aus South Australia), die eher progressive Unabhängige Cathy McGowan aus einem Wahlkreis bei Melbourne (Victoria), der ehemalige Grün-Politiker Andrew Wilkie aus Tasmanien (der in seinem Wahlkreis Denison bereits zum dritten Mal als Unabhängiger gewählt wurde) – und schließlich der Grüne Adam Bandt, der seit 2010 in seinem Wahlkreis, dem Stadtzentrum von Melbourne, direkt gewählt wird (diesmal erhielt er 44,5% der „first preference votes“). Als ehemaliger Anwalt für Arbeitsrecht hat er sozialpolitische Erfahrung und bringt diese im Parlament auch kompetent ein.

Grüne gewinnen, aber keine Regierungsmehrheit

Im Wahlkampf haben sich die Grünen Australiens neben ihren traditionellen Themen wie Erneuerbare Energien, Schutz der natürlichen Umwelt, Stopp der Steuergeschenke für Konzerne, usw. auch gesellschaftspolitisch positioniert – mit einem Bekenntnis zu Diversität, zur sozialen Sicherheit für Alle und mit der Forderung der Schließung der Flüchtlings-Anhaltelager auf den Inseln. Sie treten für ein faires Asylsystem ein, das die Aufnahme und Integration von 50.000 Flüchtlingen pro Jahr in Australien zum Ziel hat (die Labor Party hatte im Wahlkampf eine Zahl von 27.000 genannt).

Wegen des bereits erwähnten Wahlsystems haben die Grünen trotz Zugewinnen und landesweit fast 10% (und über 1,2 Millionen Stimmen) nur – wie bisher – ein Mandat im House of Representatives.

Dies ist besonders kurios, weil sie nun ihrem Stimmenanteil nach nicht nur die drittstärkste politische Kraft in Australien sind, sondern sogar – nach Österreich, Neuseeland und Luxemburg – weltweit die viert-erfolgreichste Grünpartei bei nationalen Wahlen!

Die Australischen Grünen, deren Wurzeln bis in die 1970er-Jahre (da gab es bereits eine Umweltschutz-Partei auf der Insel Tasmanien) zurückgehen, verpassten diesmal zwei weitere Sitze im Großraum Melbourne (rund 15% Grün-Stimmen) nur knapp. Auch in anderen Städten gab es gute Ergebnisse: 15% in der Hauptstadt Canberra, 18,5% in der Innenstadt von Sydney und 16,5% im Zentrum von Perth in West-Australien. Im Senat, der teilweise proportional gewählt wird, könnten die Grünen mit landesweit 8,8% der Stimmen auf rund 6 Sitze (von 76) kommen.

 

Monika Vana
Mitglied der EP-Delegation für die Beziehungen zu Australien und Neuseeland