Digitale Agenda muss soziale Agenda werden

Entwurf Kommissar Oettingers negiert Arbeitsrecht und Genderaspekte

In dem von Kommissar Oettinger vorgelegten Entwurf einer digitalen Agenda der EU werden soziale Fragen, Herausforderungen für Arbeitsrechtsstandards und der digitale Gender Gap völlig ignoriert. Zwar wurden vom Sozial- und Frauenausschuss des europäischen Parlaments entsprechende Fragen aufgegriffen und auf Druck der Grünen soziale und Gleichstellungsaspekte thematisiert. Insgesamt bleibt die digitale Agenda aber überwiegend von Wirtschaftsinteressen getrieben.

Wir Grüne sagen: der Digitale Wandel hat Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens – insbesondere auf die Arbeitswelt. Deshalb ist es wichtig, dass wir diesen Wandel nicht dem freien Markt ausliefern. Für die „digitale“ Arbeitswelt müssen gleiche Standards gelten. Obwohl das Internet, neue Kommunikationstechnologien und die zunehmende Digitalisierung auch Chancen mit sich bringen, dürfen Gefahren wie Lohn- und Sozialdumping, Flexibilisierung der Arbeitszeit oder die drohende, vollständige Vermischung von Freizeit und Arbeit nicht außer Acht gelassen werden.

Wir Grüne fordern: die Digitale Agenda muss eine Soziale Agenda werden. Die digitale Revolution verändert Arbeitsweisen enorm und hat eine drastische Zunahme von atypischen und flexiblen Beschäftigungsverhältnissen zur Folge. Besonders Frauen sind so von präkeren Arbeitsverhältnissen betroffen. Statt der klaren Forderung, das Arbeits- und Sozialrecht entsprechend anzupassen, enthält die Stellungnahme des EP-Sozialausschusses lediglich die Aufforderung an Kommission und Mitgliedstaaten, „zu prüfen, auf welche Weise das Sozial- und Arbeitsrecht angepasst werden muss, um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten“.

Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass Tarifverträge entsprechend aktualisiert werden und bestehende Schutznormen am Arbeitsplatz auch in der digitalen Arbeitswelt aufrechterhalten bleiben. Es braucht neue Lösungen, damit Sozialleistungen tatsächlich für alle ArbeitnehmerInnen zugänglich sind. Wir müssen sicherstellen, dass ArbeitnehmerInnen ihre Rechte einfordern können, wenn die ArbeitgeberInnen in einem anderen Land niedergelassen sind. Die Automatisierung von Arbeit kann zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. Auch darauf müssen unsere sozialen Sicherungssysteme vorbereitet sein und entsprechende Strategien ausgearbeitet werden. Darüber hinaus treten wir ein für das „Right to log off“. Denn Digitalisierung birgt die Gefahr, dass ArbeitnehmerInnen ständig erreichbar sind und von jedem Ort aus arbeiten müssen. Was wir durchgebracht haben: der EP-Sozialausschuss fordert die Mitgliedstaaten auf, eine angemessene soziale Absicherung für selbständig und freiberuflich Beschäftigte sicherzustellen.

Die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologien ist nach wie vor stark wachsend. Dennoch arbeiten EU-weit nur 30% Frauen in dieser Branche – der Anteil in der Führungsebene von IKT-Unternehmen ist noch geringer und liegt bei mageren 19,2%. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf, Geschlechterbarrieren bereits im Bildungsbereich abzubauen und die Sichtbarkeit von Frauen zu fördern. Wir Grüne werden diese Fragen auch weiterhin ins Zentrum der Debatte über die digitale Agenda stellen.