Budget 2016 oder was kostet ein Menschenleben?

Es ist Herbst – da weht erfahrungsgemäß ein rauer Wind im Europäischen Parlament: das Budget des Folgejahres wird abgestimmt, ganz nach dem Motto „Und jährlich grüßt das Murmeltier“.

Wie jedes Jahr besteht die Aufgabe des Europäischen Parlaments darin, die vom Rat gekürzten Mittel wiederherzustellen. Dieses Ritual ist sinnentleert, angesichts der ungeheuren Aufgaben – von der Flüchtlingskrise bis zum Klimaschutz – vor denen die EU steht. Ein zukunftsgewandtes Budget sieht einfach anders aus (Förderungen für den Kernfusionsreaktor ITER gehören nicht dazu). Der Rat muss realisieren, dass wir mehr EU nicht mit weniger Geld bekommen. Grüne Erfolge in den Abstimmungen im Haushaltsausschuss letzte Woche sind ein Abänderungsantrag gegen EU-Fördergelder für Stierkampf und die Annahme Grüner Vorschläge zu Gender Budgeting und Gender-Mainstreaming.

Flüchtlingshilfe: EU muss klare Prioritäten setzen
Die Flüchtlingskrise schlägt sich auch im EU-Budget 2016 nieder: Alle Mittel für Agenturen, die für den Migrationsbereich zuständig sind, wurden aufgestockt, so auch für Frontex. Doch das Mandat bzw. die Priorität Menschenleben zu retten ist noch völlig unklar. Nie war es wichtiger gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und den Zusammenhalt der EU zu zeigen – doch davon ist leider viel zu wenig zu sehen.

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Bisher kein Ersatz für „Mare Nostrum“

Wir stehen vor der größten humanitären Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg. Die Türkei, Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten nehmen derzeit 95% der syrischen Flüchtlinge auf – doch sie brauchen dringend finanzielle Unterstützung, um ihre Arbeit fortsetzen und vor allem qualitative Mindeststandards erreichen zu können. Die Länder werden alleine gelassen, was katastrophale Zustände in den Flüchtlingscamps zur Folge hat. Eine Schande vor Europas Tür. Auch nach der Einstellung des Seerettungsprogramms „Mare Nostrum“ wurde kein adäquater Ersatz eingeführt. Dieses Thema ist immer noch offen und darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Für humanitäre Hilfe kann man nicht zu viel Geld ausgeben, nur zu wenig. Die EU muss hier klare Prioritäten setzen.

Reform des EU-Eigenmittelsystems dringend notwendig!
Langfristig führt an einer Reform des EU-Eigenmittelsystems, wie wir Grünen seit langem fordern, kein Weg vorbei. Ohne neue Eigenmittel wie z.B. eine Finanztransaktionssteuer und Kerosinsteuer sowie strukturelle Reformen, wird weder die Krise bewältigt werden, noch kann die EU langfristig ihren Aufgaben in Europa und in der Welt nachkommen.

Die EuropaparlamentarierInnen stimmen über das Budget 2016 voraussichtlich im Plenum in Straßburg Ende Oktober ab. Dort besteht noch die letzte Chance das EU-Budget in eine zukunftsgewandte Richtung zu bewegen.

 

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